1 Woche ohne Handy

Sechs Nächte durften wir Freiwillige im Kloster Heiligkreutztal verbringen und uns ganz auf unseren Dienst einstellen. Das bedeutete eine Woche ohne Handy und mit viel Zeit zum nachdenken, diskutieren und vorbereiten.

Wir haben Themen behandelt wie Abschied, Loslassen, Freunde finden und natürlich Packlisten und sogar jetzt ganz kurz vor Abreise immernoch Organisationsfragen von allen Seiten.

 

Aber das spannenste und lehrreichste für mich war der Kurs den ein junger Mann mit Namen Max mit uns abgehalten hat. Er kommt vom Institut für Kulturbewusste Kommunikation und er ist wirklich grandios! Danke dass ich dieses Kurs einfach so besuchen durfte.

Max ist auf den ersten Blick ein kurioser Typ groß gewachsen, schlachsig mit halblangem Haar. Aber er besitzt eine Präsenz die all unsere Aufmerksamkeit fesselte.

 

Er fragte uns:

 " Angenommen du fährst mit deinem besten Freund im Auto. Er fährt über einen längeren Zeitraum hinweg 5 km/h zu schnell. Plötzlich baut er, bedingt durch die zu hohe Geschwindigkeit einen Unfall. Du bist der einzige Zeuge, nur du weißt dass er zu schnell gefahren ist. Sollte dein Freund veurteilt werden ist er am Boden. Er wird alles verlieren seinen Job, seine Karriere, seine Familie. Fühlst du dich deinem Freund gegenüber verpflichtet eine Falschaussage zu machen, weil er dein bester Freund ist?"

 

Wir sollten uns im Raum aufstellen je nachdem ob wir zu ja oder zu nein Tendieren. Rein vom Gefühl her.

Ein viertel des Kurses fühlte sich am Ende verpflichtet für den Freund eine Falschaussage zu machen. Der Rest fühlte sich  zur Wahrheit verpflichtet.

 

Max fragte weiter: "Warum steht ihr da? Warum sagt ihr macht ihr eine Falschaussage?"

"Er ist mein bester Freund. Freundschaft verpflichtet. Ich vertraue ihm er würde das umgekehrt genauso machen"

 

Und die andere Seiter fragte er "Warum haltet ihr nicht zu eurem Freund? Warum steht ihr hier?"

"Weil ich nicht lügen möchte, erst recht nicht vor Gericht"

"Weil alle gleich behandelt werden sollen. Er ist zwar mein Bester Freund aber was ist mit dem Opfer?"

 

Die einen plädierten stark für Gerechtigkeit durch Gleicheit.

Sie vertrauten dem Staat und der Gesetzgebung dass sie fair ist. Das eine wahre Aussage zu eine fairen Entschluss für alle gleichermaßen wichtigen Beteiligten führen würde. Fall Sie doch falsch aussagen würden dann hätten sie dem Freund einen Gefallen getan und dieser wäre ihnen dann vermutlich im Gegenzug auch etwas schuldig.

 

Und die andere Seite plädierte für Beziehung anstatt Gericht. Dieser Freund war wichtiger als alle anderen am Vorfall beteiligten Personen. Man vertraute dem Freund als Person. Man vertraute der Beziehung nicht dem Gericht und Gesetz. Für den Freund ausszusagen ist eine Selbstverständlichkeit und es nicht zu tun wäre verrat.

 

Ich habe gelernt dass andere Kulturen anders aufgebaut sind als unsere. Es geht mehr um das "wir" und weniger um das "ich" Wir denken individualistischer. Als Grenze des Individualismus gestehen wir uns ein, dass wir vor Gericht alle gleich sind, aber bis zu diesem "Limit" ist die Maximale Entfaltung der eigenen Person das Ziel. Jeder ist Meister auf seinem Gebiet dadurch wird Erfolg erzielt. Methoden dazu sind diskussion, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese auch zu sagen. In der Ich Kultur geht es auch mehr um die Sache und weniger um die Beziehung. Wenn das Ziel eines Teammeetings ist bis 18.00.Uhr einen Entwurf fertig zu stellen dann wird darüber disskutiert und gefachsimpelt aber das Ziel ist es um 18.00.Uhr einen fertigen Entwurf zu haben. In anderen Kulturen ist es möglich dass das nicht das Ziel ist. Grundlage allen Arbeitens ist das Wir. Die Gemeinschaft. Hirarchien müssen geklärt werden, Respekt gewahrt werden Freundschaften und Beziehungen stehen im Mittelpunkt.Das bedeuted nicht das nicht gearbeitet wird aber das es sich um ein mitunter kompliziertes  und sensibles Beziehungsgeflecht handeln kann über das eifrige Ergebnisorientierte "Ich Kulturell" gerpägte mitunter einfach überwischen. Spannend dabei ist das der Fokus auf die Beziehung auf uns blockierend wirken kann aber in der Krise und langfristig eigentlich tragfähiger und Entscheidungsfähiger sein kann. Wieviele Politiker disskutieren und fabrizieren bei uns und es fällt so schwer Entscheidungen zu treffen. Ein gut strukturiertes Gemeinschaftliches System dass sich untereinander trägt kann auf Dauer stabiler sein als eines der Ich Kultur.

 

 

Und noch etwas hat Max gesagt und das hat mich sehr zuversichtlich gemacht.

Weißt du in manchen Kulturen kann es sein dass du Freiwillig bist und du hast diese und jene Aufgaben und wenn du sie nicht erfüllst, weil du nicht die Kompetenzen dazu hast dann wird ein anderer Freiwilliger statt dir an diese Stelle gesetzt.

Es geht um die Arbeit mehr als um den Freiwilligen. In anderen Kulturen und ich bin mir sicher, dass ihr auf diese Kulturen treffen werdet, da werdet ihr ganz stark als Mensch wahrgenommen und wenn ihr eine Aufgabe nicht so gut machen könnt, dann werden sie euch eine andere geben. Denn wenn ihr euch auf die Beziehungsstrukturen und die Kultur dort einlasst und von ihr lernt, dann könnt ihr euren Platz in dieser Gemeinschaft finden. Nicht ganz oben in der Hierarchie aber irgendwo wird euch ein Platz angeboten. Eine Einladung mitzuleben. Und wenn ihr nach einem Jahr wieder geht, dann wird dieser Platz auch eine Weile leer sein.  Dann wart da als ihr selber. Nicht als jemand der nur eine bestimmte Aufgabe auszuführen hatte die jetzt von jemand anderem übernommen wird.