Kindergarten

Über Kindererziehung lässt sich ja bekanntlich streiten. Ich möchte nicht streiten, sondern ich finde es unglaublich spannend zu erforschen wie unterschiedlich Kinder hier in Uganda im Vergleich zu Deutschland in Kidnerheimen erzogen werden und wie sich dass dann auf ihr Spielverhalten auswirkt.

Vorneweg muss gesagt werden, dass Ich letztes Jahr in München in einem Kinderheim für Kleinkinder mitarbeiten durfte. Es war ein Entwicklungstherapeutisches Heim, in dem explizit mit den Kindern gearbeitet wurde, die aufgrund von Vernachlässigung oder Ähnlichem, Entwicklungsrückstände in der Kleinkindlichen Entwicklung aufzuholen hatten. Hier in Kamukongo haben wir sechs Kinder, die in sehr ähnlichem Alter sind, wie meine Kindergruppe damals in München. In München hatten wir jede zweite Woche Teamsitzungen, in denen wir gemeinsam mit Psychologen, jedes Kind besprochen haben und uns Ziele für die nächsten Wochen setzen, woran wir mit dem Kind arbeiten wollten. Meistens ging es um Sozialverhalen, Motorik, Sprache oder wir haben Ideen gesammelt um zum Beipsiel das Kind beim Trockenwerden zu unterstützen oder seine Frustration besser aushalten zu können.

Um zum Beispiel die Motorik zu trainieren gab es unterschiedliche Montessorimaterialen. Dabei ging es zum Beispiel um zuknöpfen, aufschließen, auffädeln und einsortieren. Die Kinder haben das gerne gemacht und sich meistens gefreut wenn Material angeboten wurde.

Wenn das Kind sich immer auspielen musste und viel wütend war konnten wir das Kind unterstützen in dem wir ein "ich kann" Bild mit ihm malten und gemeinam an die Stärken und Lernfelder des Kindes erinnerten um ihn zu mehr Selbstvertrauen zu verhelfen.

In Regelmäßigen zeitabständen wurden zudem sogenannte "Entwicklungsfragebögen" ausgefüllt. Ich durfte mit den Kindern in ihr Zimmer gehen und mit ihnen einfache Testungen durchführen. Die Kinder sollten auf einem Bein stehen, mit zwei Beinen hüpfen, Kreise und Vierecke malen, mit der Schere schneiden, Bälle fangen und werfen, Farben und Formen zuordnen usw.

Es passte perfekt in unser System, denn es gibt Dinge die die Kinder im Kindergartenalter wissen müssen, damit sie in der Schule mitkommen. Kinder müssen irgendwann lernen still zu sitzen. Sie sollten Farben, zumindest differenzieren können und sie sollen ein Verständnis für Mengen haben zumindest für "mehr" oder "weniger" oder auch "warm" oder " kalt".

 

Der Kindergarten oder unser entwicklungstherapeutische Arbeit, die wir in München geleistet haben, war sinnvoll und notwendig, um die Kinder in unserer Gesellschaft groß zu ziehen.

Aber ich sage euch, hier ist es so anders!

In München war der Alltag mit den verhaltensauffälligen Kindern unglaublich anstrengend und wir investierten viel Mühe und Kraft und Ideenreichtum in ihre Entwicklung.

Hier haben wir sechs kleine Kinder die über das uneingezäunte Gelände toben und ich habe das Gefühl wenn ich neben ihnen stehe bin ich völlig überflüssig. Der Jüngste ist ein Jahr und zwei Monate alt und stolpert und wankt und krabbelt hinterher. Der Älteste ist vier und kann schon sehr gut auf Bäume klettern.

Es gibt Erwachsene die auf die Kinder aufpassen. Die Köchin Juliet und die "Aunti" Aber Juliet ist in der Küche und kommt nur rausgerannt wenn jemand sehr laut schreit. Und Aunti ist zuständig für über zwanzig Kids inklusive Betten machen und Wäsche von Hand waschen, was veranschaulicht, dass sie auch auf dem Gelände ist, aber sich nicht um jeden Streit der Kinder müht,  oder sie in irgendeiner Weise beschäftigen würde. Unsere Bande rennt auf dem Hof rum, versteckt sich im Schweinestall, findet Babykätzchen, klettert auf Bäume und sie spielen mit allem was sie finden. Die Wascheimer werden zu trommeln, die leeren Plastikflaschen zu rasseln, die Matratzen zu Autos und die Kieselsteine eignen sich hervorragend als Sandkasten.

Sie werden nicht beaufsichtigt und es stimmt, dass der Jüngste keine Windel trägt und auch mal eine ganze Weile in nasser Hose herum läuft, bis jemand vorbei schaut, aber es ist nicht schlimm. Er hat so schnell laufen gelernt und er lacht so viel wie ich noch nie ein Kind in dem Alter habe strahlen und lachen sehen. Innerhalb kürzster Zeit konnte er laufen, immer den anderen Kindern hinterher. Wenn er nicht hinterherkommt schreit er und dann schaut jemand nach ihm.

Niemand gibt den Kindern Material niemand fördert sie darin Farben zu unterscheiden, zu zählen oder Dreiecke zu erkennen.

Ich vermute aber dass sie dafür andere Dinge lernen die wichtig sind. Sozialverhalten zum Beispiel, Streiten, teilen.Die Kinder können Balancieren, klettern und sie sind fit, gesund und stark. Ich hatte am Anfangunglaubliche Angst um Chudu als er auf den Baum kletterte. Drei Jahre alt und er war höher als ich reichen konnte. Aber Chudu lachte nur. Er kann das und er kann es tatsächlich. Er klettert auch nicht höher als er wieder alleine herunter klettern kann.

Ich wollte gerne etwas mit den kleinen ausprobieren. Wienke und ich haben aus Klopapierrollen, buntem Papier und einer menge Klebeband Perlen gebastelt.

Es war spannend zu beobachten wie die Kinder damit umgingen. Zuerst überraschte mich dass sie keine Ahnung hatten was wir von ihnen wollen. Sie waren begeistert von den neuen Sachen und liefen quitschend und fröhlich mit uns mit aber sie wussten nicht wie das Spiel ging. (In Deutschland bin ich wohl irgendwie mit der Fädelraupe groß geworden...mit vier jahren wusste ich das "Fädeln" eine Kinderbeschäftigung ist).

Also zweites überraschte mich dann, dass sobald wir den Kindern gezeigt hatten was wir von ihnen wollten sie auf der Stelle fädeln konnten.  

Und das dritte was sie konnten war aufräumen und auf die schönen neuen Perlen aufpassen. Es war so lustig, wir hatten eine Perle übersehen und wir waren schon am Gehen, da drehte sich Solomon noch ein mal um und schrie einfach nur laut und zeigte auf den Boden. "Thiiis one!!" und sein Blick war so voller Entsetzen, dass wir laut lachen mussten.

Ich werde mal nachschauen, ob ich diese Entwicklunsbögen, aus dem Münchner Kinderheim irgendwie bekommen kann. Es würde mich total interessieren wie der "Entwicklunsstand" der Kinder hier, mit dieser Freiheit in der sie leben, ist.

 

 

 

 

 

 

 

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