Mein Besuch in der Moschee

Inmitten von Kampala liegt die internationale Moschee. Sie wurde 2006 fertig gestellt und bietet Platz für 15.000 Gläubige. Sie ist ein Geschenk Gaddaffis und ist deshalb bis heute noch unter dem Namen Gaddaffi mosque Kampala zu finden. Als meine Freundin Barbara aus Deutschland mich besuchen war stand die Kampalamosque  ganz oben auf unserer Liste der Sehenswürdigkeiten die wir gemeinsam anschauen wollten. Als ich noch in Deutschland war gab es immerwieder Diskussionen über Islamisten. Was Islamisten tun wusste ich aus dem Fernsehen und aus der Schule, über den Islam als Religion jedoch wusste ich kaum etwas. Deswegen ergriff ich die Chance und fuhr bis nach Kampala denn die internationale Moschee ist für Führungen offen obwohl es auch ein aktives Gemeindeleben gibt. Ich bin zuvor noch nie in einer Moschee gewesen und ich war auf den ersten Blick beeindruckt wie kunstvoll und wunderschön die Gebetsstätte gestaltet war.

 

Barbara und ich waren nur zu zweit mit unserem Guide in der Moschee und er nahm sich viel Zeit uns alles zu erklären und unsere vielen Fragen zu beantworten.  Zu allererst wurden wir gebeten unsere Schuhe auszuziehen Barfuß und auf Socken traten wir ein.

 

Das Muslime sich nicht wie wir auf Kirchenbänken gemütlich hinsetzen war mir bereits bekannt aber hier so zu stehen fühlte sich beinah schon wie Gebet an. Diese Gebetsstätte hatte nicht wie manche Kirche einen Schulbank Charakter. Sie war wie der Name sagt ein Ort des Gebetes.  Ich fragte unseren Guide danach.
„Schau dir den Teppich genau an“ meinte er. Ich guckte nach unten und sah das der Teppich immerwieder nebeneinanderstehende Moscheen abbildete. Es mussten um die zweihundert sein. Das brilliante daran: Der rote Streifen der sich durch die ganze Moschee zieht stellte wiederum jenen Teppichboden da auf dem wir grade Standen und dieser bildete wiederum tausend kleine Moscheen mit Teppichböden mit Moscheen darauf ab  usw. es war wie ein Holon das sich selber immerwieder enthält. Es hatte etwas heiliges denn ich meinte zu verstehen wie dieser Kunstgriff auf kluge Art auf Allahs/Gottes Tiefe und Unendlichkeit hinwies.
Unser muslimischer Guide erklärte uns das die Gläubigen sich breitbeinig auf den roten Streifen stellen, so dass sich die Fußränder links und rechts berühren. So blicken sie alle gemeinsam mit dem Vorbeter in Richtung Mekka. Auf dem obigen Bild sieht man wie sich der rote Streifen in Reihen durch die ganze Moschee zieht. Ich konnte mir vorstellen, dass durch Berührung der Füße, der gleichmäßigen Aufreihung und gemeinsam gesprochener Gebete eine sehr meditative Stimmung erzeugt wird.

 

Die ganze Moschee hatte auf jeden Fall nicht den Schulbankcharakter christlicher Kirchen sondern ich spürte ganz deutlich den freien Raum. Nichts stand zwischen mir und Gott, keine Bank, kein Priester nichts. Ich konnte mir gut vorstellen gerne hier zu beten. Unser Guide kannte sich auch gut mit dem Christentum aus, er war als Moslem auf eine katholische Schule gegangen (in Uganda nicht unüblich auch umgekehrt, Christen auf muslimischen Schulen). Er hat viel Zeit darauf verbracht Koran und Bibel zu studieren und kam zu dem Entschluss, dass Glaube zwar unterschiedlich ausgedrückt ist, das sich Gläubige aber vor derselben Macht verneigen und ihr nur einen anderen Namen geben. Jesus sei auch für die Muslime ein wichtiger Prophet und ihr wichtigster Prophet  Mohammed ist de facto der biblische Moses der in der Bibel den Dekalog (die 10 Gebote) empfängt.

An dieser Stelle möchte ich gerne berichten wie ich Religion hier in Uganda erlebe.  Ein katholischer Priester der bei Kampala ein Flüchtlingsheim für Geflüchtete aus Somalia betreut formulierte bei einem gemeinsamen Mittagessen den Satz: „Die Frage ist Uganda nicht: ‚woran glaubst du?‘ sondern: ‚Wo betest du?‘“. In Uganda schwingt ein ganz anderer Ton mit wenn Christen über Muslime reden oder umgekehrt Muslime über Christen. Wenn jemand sagt: „Ich bin Muslim“ dann könnte er auch sagen: „Ich habe drei Kinder“ Natürlich ist es ausagekräftig aber es hat nichts mit der Persönlichkeit eines Menschen zu tun. Unser Bodafahrer ist zum Beispiel ein Muslim. Er trägt eine kappa und eine Sonnenbrille und er heißt Akim. Bevor wir los fahren sagt er „Alahu akbar“ und ich sag „Lieber Gott, schick mal nen Schutzengel, könnt grad einen brauchen und mein ugandsicher Freund sagt: „katonda yebalee“ was soviel bedeuted wie „Gott ist groß“ und dann lachen wir und dann fahren wir los. Wir begrüßen uns mit „Salam aleikum“ was „Friede sei mit dir“ bedeuted und ich antworte „ aleikum salam“ was bedeuted: Gehe in Frieden. Akim ist unser Freund manchmal kommt er mit seinem kleinen Sohn zum Mittagessen und bringt mir ein bisschen Luganda bei. Sein Sohn geht auf eine katholische Schule. „Weil die Schule gut ist und die Kinder dort gute Abschlüsse machen“ sagt Akim.
In uganda sehe ich Frauen mit schmuckvollem Kopftuch und auch Muslime ohne Kopftuch. Eine Moschee steht direkt neben einer Kirche. Die einen gehen in dieses Gebetshaus, die anderen in das. Das ist hier der einzige Unterschied. Wenn ich in Kalemba am Freitag unterrichte kommt zehn Minuten vor Schluss ein junges Mädchen herein. „Alle Muslime bitte zum Freitagsgebet.“ Daraufhin verlassen 20 der 70 Schüler die Klasse. Einige mit Kopftuch andere ohne. Die anderen gehen am Sonntag.
Auch in der Stadt habe ich zwei Bekannte bei denen ich regelmäßig meine Chapatti kaufe. Ich habe. Sie haben ihre Chapattistände direkt nebeneinander aufgebaut und unterhalten sich während sie auf Kundschaft warten oder die Teigwaren zubereiten. Moses ist Muslim, Jimcats ist Katholik deswegen steht bei Moses in roten Lettern „BISMILLAH“ an den Stand geschrieben. Wenn ich am Wochenende in der Stadt bin um Chapatti zu kaufen kann ich Freitags nur bei Jimcats kaufen weil Muslime Freitags Ruhetag haben. Am Samstag kann ich bei beiden kaufen und am Sonntag nur bei Moses weil Jim cats sonntags in der Kirche ist und Sonntagsruhe hat. Wie cool wäre das in Deutschland wenn ich Sonntags in einem muslimischen Einkaufsladen einkaufen könnte und Muslime dafür Freitags frei hätten. Julius Schwester hat auch einen Moslem geheiratet und heißt seitdem nicht mehr Brigitte sondern Aischa. Ein Kopftuch trägt sie trotzdem nur zur Fastenzeit und wenn wir abends ausgehen trinkt sie auch mal ein Glas Wein. Auch ihre Töchter tragen kein Kopftuch nur ab und zu.
 „ Das rosane will ich Mama“. Maries Ehemann wurde ihr zuliebe Christ weil sie sich nicht vorstellen konnte Muslima zu sein. Ich habe in Uganda viele Paare kennen gelernt die christlich muslimisch gemischt sind. Ugander sind vielleicht manchmal nicht so genau was Bürokratie angeht, aber sie nehmen auch die Religion anderer nicht so genau. Irgendwie ist alles realxter. Viele sind insgesamt tolerant und nicht kleinkariert und das macht das ganze System viel durchlässiger als in Deutschland. Zwei Töchter chisten und eine Muslima das wird nicht mal mehr länger als einen Abend zum Thema gemacht. Die Menschen hier sind sehr gläubig, private Religion wird gelebt und praktiziert. In Deutschland wehren sich meiner Meinung nach so viele gegen andere Religionen und den Bau von Moscheen und geben dann an das sie Weihnachten das letzte Mal in der eigenen Kirche waren. Viele Menschen in Deutschland verteidigen meiner Meinung nach blind eine Religion, nämlich die sogenannte „Christlichen Werte“ die sie selber größtenteils gar nicht leben.  (Stichwort: „Islamisierung des Abendlandes“)  Hier wird  Religion  praktiziert aber nicht blind verteidigt gegen einen Feind der gar nicht real existiert. Deutschland hält sich so oft für so fortschrittlich und in vielen Belangen mag das auch stimmen aber ein junger afrikaner, ein ugandischer collegeabsolvent kann mir erzählen das es darum geht woran du glaubst, nicht welches Gebäude du wählst um darin zu beten. Wann wird es wohl endlich in Deutschland so weit sein wie in Uganda, dass Freitags der Muezzin genauso singen darf wie sonntags die Kirchenglocken läuten und Religionsfreiheit eine Selbstverständlichkeit wird.

 

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